Verfahren Schwerbehindertenrecht

Antrag

Die Feststellung eines Grades der Behinderung, Schwerbehinderung bzw. die Zuerkennung von Merkzeichen muss beim Versorgungsamt beantragt werden. In Fällen berechtigten Interesses, insbesondere wenn es um die Sicherung sozialrechtlicher Ansprüche wie Renten geht, kann auch die rückwirkende Feststellung einer (Schwer-)Behinderung beantragt werden.

 

Widerspruch

Lehnt das Versorgungsamt den Antrag ab oder gibt es dem Antrag nicht in dem gewünschten Umfang statt, so kann gegen diese Entscheidung Widerspruch erhoben werden. Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat. Eine anwaltliche Vertretung im Widerspruchsverfahren ist ratsam, und führt oftmals zum Erfolg.

 

Klage

Lehnt das Versorgungsamt Ihren Widerspruch ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Hiergegen kann Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden. Die Klagefrist beträgt einen Monat. Das Sozialgerichtsverfahren ist gerichtskostenfrei. Vor Sozialgerichten besteht zwar kein Anwaltszwang, jedoch ist die Vertretung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt dringend angeraten. Rechtsschutzversicherungen übernehmen die anfallenden Kosten. Besteht keine Rechtsschutzversicherung, wird, wenn Sie nachweislich nicht in der Lage sind, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, Prozesskostenhilfe gewährt.

Das Sozialgericht ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Bei medizinischen Fragestellungen beauftragt es einen unabhängigen Gutachter. Der Kläger hat im sozialgerichtlichen Verfahren auch einen Anspruch darauf, dass ein Arzt seiner Wahl angehört wird (§ 109 SGG). Die Kosten für ein solches sogenanntes „Parteigutachten“ werden durch die Rechtsschutzversicherung in der Regel übernommen.

 

Berufung

Gegen eine klageabweisende Entscheidung des Sozialgerichts kann Berufung beim Landessozialgericht eingelegt werden. Die Berufungsfrist beträgt einen Monat. Vor dem Landessozialgericht wird der Fall nochmals „neu aufgerollt“. Das erstinstanzliche sozialgerichtliche Urteil hat keine „präjudizielle“ Wirkung.

Revision

Gegen eine die Berufung zurückweisende Entscheidung des Landessozialgerichts kann Revsion vor dem Bundessozialgericht eingelegt werden. Die Frist für die Einlegung der Revision beträgt einen Monat. Vor dem Bundessozialgericht besteht Anwaltszwang. Das Bundessozialgericht entscheidet nur über Rechtsfragen, nicht über instanzgerichtliche Tatsachenfeststellungen. Die Landessozialgerichte sind die „letzte Tatsacheninstanz“, haben also insbesondere bei der Beweiswürdigung „das letzte Wort“.

Revisionsverfahren kommen im Schwerbehindertenrecht äußerst selten vor.

 

Verschlimmerungsantrag

Hat die Versorgungsbehörde einen Bescheid zum Grad der Behinderung (GdB) bzw. Merkzeichen bereits erlassen, besteht im Schwerbehindertenrecht jederzeit die Möglichkeit, einen sogenannten Verschlimmerungsantrag zu stellen, mit dem beantragt wird, für die Zukunft einen höheren GdB festzustellen oder Merkzeichen zuzuerkennen.

Statt gegen einen missliebigen Bescheid der Versorgungsbehörde Rechtsmittel einzulegen, erweist sich ein Verschlimmerungsantrag immer wieder als der verfahrensökonomischere Weg.

 

Ausnahme: Überprüfungsantrag

Auch bestandskräftige (durch Rechtsmittel nicht mehr angreifbare) Entscheidungen der Behörde können im Sozialrecht grundsätzlich durch Überprüfungsantrag angegriffen werden. Wegen der Möglichkeit, einen Verschlimmerungsantrag zu stellen, hat der Überprüfungsantrag im Schwerbehindertenrecht praktisch eine (sehr) untergeordnete Bedeutung. Er ist allerdings von Relevanz, wenn ein Interesse an einer rückwirkenden schwerbehindertenrechtlichen Feststellung besteht, etwa zur Sicherung anderweitiger Ansprüche (z.B. Renten, beamten- und entschädigungsrechtliche Versorgungsansprüche).