Leistungseinschränkung bei Straftat

BSG, Urt. v. 18.03.2008, B 2 U 1/07 R

Im Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten (praktisch insbesondere Verkehrsstraftaten) stehen meist die strafrechtlichen Folgen im Mittelpunkt der Wahrnehmnung. Hingegen werden die möglichen nicht-strafrechtlichen Konsequenzen oftmals ignoriert, obwohl sie mitunter von erheblicher(er) Tragweite sein können.
Abgesehen von möglichen Regreßansprüchen der Kfz-Haftpflichtversicherung für den Ersatz von Drittschäden ist z.B. oft unbekannt, daß einem Straftäter, der durch sein Verhalten selbst geschädigt wird, unter bestimmten Voraussetzungen die Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung versagt werden können.
Dies wird an folgendem Fall deutlich, über den das Bundessozialgericht neulich unter unfallversicherungsrechtlichen Gesichtpunkten entschieden hat: Der unfallversicherte Kläger überholte auf der Fahrt von seiner Wohnung zu seiner Praktikumsstelle vor einer Bergkuppe und einer Rechtskurve mit seinem Pkw eine Fahrzeugkolonne und kollidierte mit einem entgegenkommenden Pkw, dessen Fahrerin verletzt wurde. Er wurde wegen dieses Geschehens strafgerichtlich wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung verurteilt. Die beklagte Berufsgenossenschaft verweigerte dem Kläger die Gewährung von Geldleistungen. Nach Auffassung des BSG zurecht: Zwar sei ein Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung (Wegeunfall) eingetreten, jedoch sei im konkreten Fall das strafrechtlich relevante Verhalten eindeutig kausal für den Schadenseintritt. Damit sei es der Berufsgenossenschaft möglich gewesen, die Versicherungsleistungen zu versagen, BSG, Urt. v. 18.03.2008, B 2 U 1/07 R.
Auch die Krankenkasse kann ihre Leistungen beschränken, wenn sich der Versicherte eine Krankheit vorsätzlich oder bei einer von ihm begangenen vorsätzlichen Straftat zugezogen hat: Der Versicherte kann hier an den Kosten der Leistungen beteiligt werden und es kann ihm außerdem die Zahlung von Krankengeld versagt werden (wobei während der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit obendrein auch der Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber verloren gehen kann).Voraussetzung der sozialversicherungsrechtlichen Leistungseinschränkung ist allerdings stets, daß der Versicherte eine vorsätzliche Straftat begangen hat, die für den Schaden des Versicherten kausal war.