Opferentschädigungsgesetz: Kein Anspruch einer Frau, die sich nicht von gewalttätigem Partner trennt, obwohl dies möglich ist

Opferentschädigung Rechtsanwalt Dr. Heimbach Berlin

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.02.2009 - L 11 VG 38/08 - Tatbestand:Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Entschädigungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).Die 1973 geborene Klägerin trat nach Abschluss einer Fachhochschulausbildung 1992 in den Dienst der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA); sie ist Verwaltungsoberinspektorin. Ebenfalls seit 1992 hatte die Klägerin eine Beziehung zu dem 1971 geborenen Herrn TS (im Folgenden: S.).Seit Mitte der 90er Jahre trank S. nach Angaben der Klägerin vermehrt Alkohol, was sich nach dem Tod seiner Mutter im Mai 2003 weiter verstärkte. Nach Angaben der Klägerin in ihrer Zeugenvernehmung gegenüber der Polizei Potsdam vom 23. Februar 2004 zog S. etwa Juni/Juli 2002 in ihre Dreizimmerwohnung ein, ohne sich dort allerdings anzumelden. Zu ersten Ausschreitungen bzw. körperlichen Handlungen gegen sie sei es bereits Sommer 1997 in ihrer Wohnung gekommen. Sie sei in der weiteren Zeit dann durch S. immer wieder geschlagen worden, die Handlungen seien "im Laufe der Zeit dann auch immer gewalttätiger" geworden. Im November 2003 forderte die Klägerin, die sich von S. trennen wollte, diesen zum Auszug aus ihrer Wohnung auf. Im Rahmen der Auseinandersetzungen kam es nach Angaben der Klägerin in der Zeit vom 09. bis 17. Dezember 2003 wiederholt zu gewalttätigen Handlungen gegen ihre Person.In einer Schilderung des Herganges für den Antrag auf Ausstellung einer Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz vom 13. Januar 2004 hatte die Klägerin hierzu angegeben, den S. am 29. November 2003 mit starken Kopfschmerzen ins Krankenhaus gefahren zu haben, wo er bis zum 09. Dezember 2003 wegen Blutungen im Gehirn behandelt worden sei. In dieser Zeit habe sie die erforderlichen Anträge beim Sozialamt auf Krankenhilfe und Sozialhilfe gestellt, da S. sich selbst um seine Ansprüche nicht gekümmert habe. Als er aus dem Krankenhaus entlassen worden sei, sei die Situation dahingehend eskaliert, dass er ihr an allem die Schuld gegeben und sie noch öfters geschlagen habe. Am 17. Dezember 2003 sei er ausgerastet und habe wahllos auf sie eingeschlagen und an den Haaren gezogen. Die Polizei habe ihn auf eine Strafanzeige vom nächsten Tag hin aus ihrer Wohnung geworfen. Am folgenden Tag habe S. sie in der Stadt abgepasst und sei mit ihr zu ihrer Wohnung gefahren, da er angeblich nur habe duschen wollen. Weiter ist ausgeführt: "Da ich ihm körperlich stark unterlegen bin, habe ich ihn auf seinen Druck hin reingelassen". In der Wohnung habe er ihr dann ihren Schlüssel abgenommen. Nachdem sie den S. am nächsten Tag mit Hilfe einer Freundin und der Polizei erneut aus ihrer Wohnung hatte entfernen lassen, habe er sich in ihrem Garten in B eingenistet. Dies sei durch sie und ihren Vater letztlich gestattet worden, da es Weihnachten gewesen sei.In einer Zeugenvernehmung gegenüber der Polizei vom 23. Februar 2004 hat die Klägerin u. a. ausgesagt, bereits im Sommer 2002 vom S. derart geschlagen worden zu sein, dass sie mit einer Platzwunde an der Stirn die Rettungsstelle hätte aufsuchen müssen. S. habe sie damit bedroht, sie umzubringen, wenn sie mit ihm Schluss machen würde. Dies habe er wiederholt geäußert und sie habe diese Äußerungen auch sehr ernst genommen. Am Mittwoch letzter Woche sei S. zuletzt in ihrer Wohnung gewesen, als er (wegen einer Entzugsbehandlung) aus der Klinik "I P" gekommen sei. Sie habe seine Wäsche entgegengenommen, um diese für ihn zu waschen. Sie habe sich freiwillig neben S. ins Bett gelegt und seine Berührungen über sich ergehen lassen, da sie aufgrund der Geschehnisse sehr große Angst vor ihm gehabt habe.In ihrem im Mai 2004 gegenüber dem Beklagten gestellten Antrag auf die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG gab die Klägerin hierzu an, dass S. sie täglich seelisch fertig gemacht habe durch Beschimpfungen, Androhung von Schlägen, Schlafentzug. Am 17. Dezember 2003 sei er ausgerastet und habe auf sie eingeschlagen, mit dem Ellenbogen geboxt, sie an den Haaren gezogen und etliche ausgerissen. Am 09. Januar 2004 kam es zu einem weiteren Übergriff des S. auf die Klägerin. S. hatte sich den gesamten Tag über in der Wohnung der Klägerin aufgehalten und diese abends unter Androhung von Schlägen aufgefordert, vor ihm ihre Beine zu spreizen und an sich zu manipulieren. In der Folgezeit schlug er sie grundlos mit Fäusten ins Gesicht und gegen die Beine, nahm anschließend seine fast leere Schnapsflasche und schlug damit auf ihre nackten Oberschenkel. Die Flasche zerbrach dabei nicht, die Klägerin erlitt jedoch Hämatome an Unterkiefer, Jochbein, Oberarmen und den Oberschenkeln. Am 18. Februar 2004 kam es zu einem weiteren Vorfall. Die Klägerin hatte den S. bei seiner Wohnungssuche und einem Behördengang begleitet; auf der Rückfahrt schlug S. sie erneut ins Gesicht und zog sie an den Haaren. Am 19. Februar 2004 traf die Klägerin den S. vor einem A-Geschäft in Potsdam. Die Klägerin hatte sich nach ihren Angaben zu dem Treffen begeben, um ein ihr gehörendes Portmonee von S. wiederzuerlangen. Nachdem sie sich zum S. ins Auto gesetzt hatte, fuhr dieser mit ihr zu einer der Familie der Klägerin gehörenden Laube, in der ihm zwischenzeitlich zu wohnen gestattet worden war. Dort schlug er sie erneut mehrfach mit der Hand ins Gesicht und riss sie an den Haaren. Am 14. März 2004 kam es sodann noch zu einer Bedrohung der Klägerin durch den S. mit einem Luftdruckgewehr. Wegen dieser Vorfälle wurde S. durch das Amtsgericht Potsdam mit Urteil vom 13. April 2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, die Strafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Im Urteil ist zur Würdigung der Angaben der Klägerin ausgeführt, dass diese von Verantwortungsgefühl gegenüber S. geprägt war. Die Klägerin sei die ganze Zeit über bemüht gewesen, zu erklären, warum sie sich immer wieder auf neue Zusammenkünfte mit S. eingelassen habe, nämlich aus Mitgefühl und Verantwortungsgefühl, insbesondere seit dem Tod seiner Mutter, Objektiv betrachtet sei es sicherlich unvernünftig und unklug gewesen, sich trotz wiederkehrender Schläge und Demütigungen immer wieder erneut mit S. zu treffen. Das Landgericht Potsdam bestätigte am 08. Juni 2006 dieses Urteil.Wegen der psychischen Folgen dieses gewaltsam eskalierten Beziehungskonfliktes befand sich die Klägerin in der Zeit vom 26. Mai bis 07. Juli 2004 in stationärer Behandlung in der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik B. Die Gesamtkosten dieser Maßnahme beliefen sich auf 6.402,06 Euro, von denen die Beihilfestelle der Klägerin insgesamt 2.956,04 Euro und die Krankenkasse 658,80 Euro erstatteten. Die Erstattung des verbliebenen Anteils (2.787,22 Euro) begehrt die Klägerin noch mit ihrer Klage. Der S. wurde bereits durch Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 06. Januar 2006 verurteilt, der Klägerin neben einem Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 Euro nebst Zinsen 4.929,37 Euro (auf den die Klägerin seinerzeit die verbliebenen und nicht erstatteten Kosten für die stationäre Behandlung in der psychosomatischen Klinik B beziffert hatte) zu zahlen.Den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG lehnte der Beklagte nach Beiziehung der Ermittlungsakte über das Verfahren der Staatsanwaltschaft Potsdam gegen S., nach Einholung einer psychologischen Stellungnahme der Diplompsychologin P vom 02. August 2004, Opferhilfe des Landes Brandenburg e. V., bei welcher die Klägerin seinerzeit 11 Sitzungen in Anspruch genommen hatte, und nach Beiziehung des Entlassungsberichtes des Medizinisch-psychosomatischen Klinik B B vom 06. Juli 2004 durch Bescheid vom 03. Januar 2005 ab. Die Klägerin sei zwar Opfer vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriffe im Sinne des § 1 OEG geworden. Eine Leistungsgewährung sei jedoch wegen Unbilligkeit zu versagen. Unbilligkeit im Sinne des OEG sei insbesondere dann anzunehmen, wenn es der Geschädigte in hohem Maße vernunftwidrig und in grobfahrlässiger Weise unterlassen habe, eine höchstwahrscheinliche Gefahr von sich abzuwenden. Verbleibe eine Frau in einer Beziehung, die mit einer dauernden Gefahrenlage verbunden sei, in der sie stets mit schweren Misshandlungen rechnen müsse und aus der sie sich selbst hätte befreien können, könne sie im Falle einer Körperverletzung keine staatliche Entschädigung beanspruchen. S. habe die Klägerin nach ihren eigenen Angaben seit 1997 körperlich und seelisch gepeinigt, es sei immer wieder zu gewalttätigen, körperlichen Übergriffen gekommen, eine Trennung wäre zumutbar gewesen. Auch die einzelnen Zusammentreffen der Klägerin mit S. wären vermeidbar bzw. unter Einbeziehung einer dritten Person möglich gewesen; die Klägerin habe sich jedoch freiwillig in Kontakt mit S. begeben. Auch sei davon auszugehen, dass die von der Klägerin geklagten Gesundheitsstörungen auf den jahrelangen Konflikt mit dem alkoholkranken Lebenspartner zurückzuführen seien.Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Die Polizei habe zwar aufgrund ihrer Strafanzeige gegen S. vom 18. Dezember 2003 diesen aus ihrer Wohnung verwiesen. Jedoch habe das Sozialamt sie angewiesen, S. wieder aufzunehmen, da ohne die gemeldete Anschrift seitens des Sozialamtes keine Kostenübernahme für den im November erforderlichen Krankenhausaufenthalt des S. erfolgen werde. Sie habe sich aufgrund dieser Auskunft gezwungen gesehen, S. wieder in ihre Wohnung aufzunehmen. Nach dem Vorfall vom 09. Januar 2004 sei es zwar zum Beschluss des Amtsgerichts Potsdam - Familiengericht - vom 13. Januar 2004 gekommen, mit welchem dem S. untersagt worden sei, ihre Wohnung zu betreten oder sich ihr bis auf Entfernung von 50 m zu nähern. Dennoch sei auch die Begegnung mit S. vom 19. Februar 2004 für sie unvermeidbar gewesen, da S. sich widerrechtlich im Besitz ihres Portmonees befunden und zugesagt hatte, dieses ihr bei Aldi herauszugeben. Aufgrund der dort anwesenden Örtlichkeit hätte sie davon ausgehen können, sich vor dem Ladengeschäft in Sicherheit zu befinden. Die Schläge seien dann geschehen, als sie neben S. auf dem Beifahrersitz gesessen habe und später auf ihrem Gartengrundstück. Die Kontakte mit S. seien daher durch äußere Umstände bedingt gewesen und nicht freiwillig durch sie hergestellt worden.Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2005 zurück. Er führte erneut aus, dass sich die Klägerin nach den tätlichen Angriffen im Dezember 2003 nicht dem Gefahrenbereich entzogen, sondern vielmehr dem S. weiter seine Wäsche gewaschen, aus nicht nachvollziehbaren Gründen neben ihm im Bett gelegen und am 18. Februar 2004 gemeinsam mit ihm eine Wohnung für ihn angesehen habe. Auch des Treffens wegen des Portmonees hätte es nicht bedurft, dieses hätte über eine Anzeige bei der Polizei zurückgefordert werden können.Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Potsdam die Klägerin in einem nichtöffentlichen Erörterungstermin zur Sache gehört. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift vom 3. Februar 2006 Bezug genommen. Das Sozialgericht hat ferner den Originalvorgang des Bereichs Wohnen der Landeshauptstadt Potsdam beigezogen, einen Befundbericht der Fachärztin für Innere Medizin Dr. K eingeholt und erneut die Klägerin befragt, weshalb sie sich von S. nicht strikt ferngehalten habe bzw. fernhalten konnte. Die Klägerin führte hierzu aus, dass es sich bei den seit 1997 geschehenen Vorkommnissen um selten vorkommende und insoweit einmalige Ohrfeigen gehandelt habe, die sich erst seit Mai 2002 gesteigert hätten. Nach dem Tod seiner Mutter habe der Vater den S. mehrfach mit Hilfe der Polizei von seinem Grundstück entfernen lassen und sämtliche Schlösser ausgetauscht. Nach diesem Rauswurf habe daher sie dem S. angeboten, bei ihr zu wohnen, da sie einerseits seinen schlechten Zustand gesehen und sich andererseits für ihn verantwortlich gefühlt habe. Bis November 2003 sei es wiederholt zu wiederum alkoholbedingten aggressiven Ausbrüchen gekommen, nicht jedoch nicht zu Gewalttätigkeiten. Ab dem 29. November 2003 habe S. sich wegen einer Gehirnblutung für ca. 14 Tage einem Krankenhausaufenthalt unterziehen müssen. Nach seiner Entlassung habe er sich nur noch aggressiv verhalten und sie fast täglich geschlagen. Sie selbst habe sich nach dem schweren Vorfall am 17. Dezember 2003 sehr wohl von S. getrennt, und zunächst Zuflucht bei ihren Eltern gesucht und den S. am nächsten Tag mit der Polizei aus ihrer Wohnung entfernen lassen. In der Folgezeit habe S. sich wiederholt Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft, in dem er sie gezwungen habe, sie in ihre Wohnung einzulassen, weil er bei ihr habe duschen wollen. In der Wohnung habe er ihr auch den Wohnungsschlüssel abgenommen und diesen behalten. Aufgrund des noch in seinem Besitz befindlichen Schlüssels habe er sich in der Folgezeit wiederholt Zugang zu ihrer Wohnung verschafft und sie jeweils in seine Gewalt genommen. Zusammenfassend sei festzustellen, dass sie sich eindeutig im November 2003 von S. getrennt habe, dass es jedoch zu weiteren Kontakten gekommen sei, weil sie sich einerseits aus Mitleid habe hinreißen lassen, dem S. behilflich zu sein und weil andererseits S. sich gegen ihren Willen Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft habe. Eine freiwillige Kontaktaufnahme ihrerseits habe seit Dezember 2003 nicht mehr stattgefunden, vielmehr habe sie durch die Inanspruchnahme des Familiengerichtes und der Polizei alles im Rahmen ihrer Möglichkeiten getan, um S. von sich fernzuhalten. Die Überlassung des Gartenbungalows sei lediglich erfolgt, damit S. sie in Ruhe lasse.Mit Urteil vom 26. Januar 2007 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Eine Opferentschädigung sei wegen Unbilligkeit zu versagen, da sich die Klägerin erheblich selbst gefährdet habe, in dem sie trotz der erfolgten Trennung allen Tätlichkeiten vorausgehend den Kontakt zu dem zu schweren Gewalttätigkeiten neigenden S. zugelassen habe.Die zum Anspruchsausschluss führenden, in dem eigenen Verhalten des Anspruchsstellers liegenden Gründe müssten unter besonderer Berücksichtigung der Einzelfallgestaltung eine Entschädigung mit einem solchen Gewicht als "unbillig" erscheinen lassen, so dass dies dem in der ersten Alternative des § 2 Abs. 1 Satz 1 OEG genannten Grund der Mitverursachung an Bedeutung annähernd gleichkomme, wobei allerdings bereits grundsätzlich die Selbstgefährdung des Opfers im Vergleich mit der gegen ihn gerichteten vorsätzlichen Straftat des Täters nie vollständig gleichwertig sei. Die Selbstgefährdung der Klägerin sei unter Berücksichtigung der vorliegenden Vernehmungsprotokolle und des eigenen Vorbringens der Klägerin leichtfertig gewesen. Als Maßstab für die Annahme der Leichtfertigkeit gelte ein individueller, der auf die persönlichen Fähigkeiten des Opfers abstelle. Die Beziehung der Klägerin sei bereits ab 1997 durch gewaltsame Übergriffe geprägt gewesen. 2002 hätte sie infolge der Intensität eines solchen Übergriffes bereits ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Dennoch habe sie die Beziehung zunächst bis zur Trennung im November 2003 weitergeführt und den S. danach noch mehrfach in ihre Wohnung eingelassen, obwohl dieser sie infolge der Trennung verbal massiv bedroht und auch wieder mit zunehmender Intensität geschlagen habe. Dass ein hinreichender Schutz durch die staatlichen Institutionen nicht zu erreichen gewesen sei, ergebe sich aus dem Akteninhalt gerade nicht. Vielmehr habe S. nach Aufforderung durch die Polizei jeweils die Wohnung der Klägerin verlassen und ihr den Wohnungsschlüssel ausgehändigt. Auch habe die Klägerin eine einstweilige Anordnung des Amtsgerichts Potsdam nach dem Gewaltschutzgesetz erwirken können, die dem S. jeglichen Kontakt zu ihr untersagt habe. Da die Klägerin dieser Anordnung jedoch selbst die Grundlage genommen habe, in dem sie sich am 18. Februar und am 19. Februar 2004 wieder mit dem S. getroffen habe und sogar zu ihm ins Auto gestiegen sei, habe sie - unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Erkenntnisfähigkeit - in besonders schwerem Maße sorgfaltswidrig gehandelt, weil sie aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten ohne Weiteres hätte erkennen können und müssen, dass sie sich in Gefahr begebe, wenn sie einen solchen Kontakt ohne Einbeziehung einer dritten Person oder der Polizei zulasse. Dass für die Klägerin eine Zwangslage durch die angebliche "Anweisung" der Stadt Potsdam, den S. weder in ihre Wohnung aufzunehmen, bestanden haben solle, sei nicht nachvollziehbar. Zum einen lasse sich eine solche Anordnung dem beigezogenen Verwaltungsvorgang nicht entnehmen, zum anderen hätte die Klägerin schon aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Tätigkeit erkennen können, dass ein solches Verlangen auch einer rechtlichen Grundlage entbehrte.Gegen dieses am 20. Februar 2007 zugegangene Urteil richtet sich die am 20. März 2007 eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin weist darauf hin, dass das Sozialgericht zu seinem eigenen Schutz zur Hauptverhandlung zwei Polizeibeamte bestellt habe, da der S. zum Termin geladen worden sei, so dass auch das Gericht offensichtlich von einer Gefährdung durch S. ausgegangen sei. Zum Vorgang bei dem Sozialamt teilte die Klägerin mit, dass S. im November im Krankenhaus ihren Namen und Adresse angegeben gehabt hätte als Bezugsperson, woraufhin sie durch das Krankenhaus angesprochen und gebeten worden sei, sich um S. zu kümmern. Daraufhin hätte sie zunächst beim Sozialamt in Teltow versucht, Antragsformulare für S. auszufüllen, weil S. bei seinem Vater in dessen Zuständigkeitsbereich gemeldet gewesen sei. Da sie dem Sozialamt in Teltow mitgeteilt hatte, dass S. zuvor bei ihr gewohnt habe, sei sie von dort an das Sozialamt Potsdam verwiesen worden. Dort sei ihr sodann mitgeteilt worden, dass Sozialhilfe nur an dem gemeldeten Wohnort gewährt würde. Da sich S. jedoch bei ihr aufgehalten habe, habe sie sich strafbar gemacht und müsse dementsprechend auch die Krankenhauskosten tragen, sofern S. nicht wieder seinen Wohnort bei ihr aufnehme. Aus Angst, die Krankenhauskosten in Höhe von rund 10.000 Euro übernehmen zu müssen, habe sie sich gezwungen gesehen, S. wieder aufzunehmen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe sie auch keine Kenntnis vom Sozialrecht bzw. von Sozialhilfe, sondern nur von rentenrechtlichen Verwaltungsverfahren. Auch hätten ihr andere Institutionen nicht ausreichenden Schutz gewährt. S. habe sie permanent belagert. Sie habe sehr häufig die Polizei angerufen, welche jedoch nur bei den beschriebenen einzelne Vorfällen gekommen sei, während ihr häufig am Telefon gesagt worden sei, dass die Polizei nichts machen könne, wenn S. nichts anderes mache, als vor ihrer Tür zu stehen, ohne sie zu bedrohen. Erstmalig am 10. Januar 2004 nach den erlittenen erheblichen körperlichen Verletzungen seien auch reale Hilfestellungen der Polizei erfolgt. Erst hier habe sie auch Kenntnis von der Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung als auch von der Möglichkeit, eine Opferberatung aufzusuchen, erhalten. Der Wohnungsschlüssel sei dem S. erst nach den Vorfällen am 10. Januar 2004 abgenommen worden. Bezüglich des Zusammentreffens vor A wegen des Portmonees sei sie davon ausgegangen, dass im öffentlichen Raum keine Gefahr für sie bestände. Erst nach Aufforderung des S., er gebe ihr das Portmonee erst zurück, wenn sie sich in das Auto setze, habe sie sich zu ihm in den Pkw gesetzt. Letztlich habe sie dem S. deshalb immer wieder geholfen, da sie davon ausgegangen sei, erst dann in Ruhe gelassen zu werden, wenn sie ihm eine Wohnung verschafft habe, so dass der Grund seines ständigen Auflauerns beseitigt sein würde. Von Unbilligkeit könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil ihre Hilfestellung für S., die letztlich in die Straftaten gemündet sei, von der Rechtsordnung sehr wohl erwünscht gewesen sei, da diese Hilfestellungen wegen ihrer Präsenz eben nicht vom Sozialamt übernommen worden seien. Im Übrigen sei bei S. auch noch keine psychische Destabilität dergestalt eingetreten gewesen, dass sie das Einschreiten staatlicher Organe wie z. B. das Einsetzen eines Betreuers gerechtfertigt hätte.Die Klägerin beantragt,das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Januar 2007 und den Bescheid des Beklagten vom 03. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz in Form der Erstattung von Heilbehandlungskosten in Höhe von 2.787,22 Euro zu gewähren.Der Beklagte beantragt,die Berufung zurückzuweisen.Der Beklagte verweist auf die seiner Auffassung nach zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.Das Gericht hat mit Beschluss vom 05. November 2007 den vom Sozialgericht Potsdam erlassenen Beiladungsbeschluss betreffend Herrn T S wieder aufgehoben. Das Gericht hat ferner in der Sitzung vom 26. Februar 2009 die Klägerin gehört; insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte des Beklagten und der Akten der Staatsanwaltschaft Potsdam (Aktenzeichen 476 Js 17028/04 - 4 Bände), des Amtsgerichts Potsdam, Familiengericht, (Aktenzeichen 42 F 8/04) und der Landeshauptstadt Bereich Wohnen den S. betreffend, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.Entscheidungsgründe:Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das Sozialgericht daher die Klage abgewiesen und einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem OEG verneint.Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält derjenige, welcher infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung nach diesem Gesetz. Die Klägerin ist, wovon auch der Beklagte bereits in den angefochtenen Bescheiden ausgegangen ist, Opfer von derartigen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffen gegen sie geworden. Dies folgt aus den glaubhaften Darstellungen der Klägerin und dem sonstigen Inhalt der beigezogenen Strafakten.Leistungsansprüche der Klägerin sind jedoch gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1, zweite Alternative OEG ausgeschlossen. Danach sind Leistungen zu versagen, wenn es aus sonstigen Gründen als einer Mitverursachung, insbesondere in dem eigenen Verhalten des Anspruchsstellers liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu gewähren. Wie bereits vom Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung umfassend dargestellt, müssen die Gründe, aus denen sich die Unbilligkeit ergeben soll, von einem solchen Gewicht sein, dass sie dem in der ersten Alternative des § 2 Abs. 1 Satz 1 OEG genannten Fall der Mitverursachung an Bedeutung gleichkommen (BSG, Urteil vom 06. Juli 2006, Aktenzeichen B 9 VG 1/05 R, SozR 4-3800 § 2 Nr. 1, m.w.N.). Dies ist zum Beispiel zu bejahen im Falle einer missbilligenswerten Selbstgefährdung, die sogar als Mitverursachung im Sinne der ersten Alternative des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG gewertet werden kann (BSG, Urteil vom 18. April 2001, Aktenzeichen B 9 VG 3/00 R, SozR 3-3800 § 2 Nr. 10). Dies ist anzunehmen, wenn sich das Opfer einer konkret erkannten Gefahr leichtfertig nicht entzogen hat, obwohl es ihm zumutbar und möglich gewesen wäre (BSG, a.a.O., m.w.N.). Leichtfertigkeit setzt hierbei einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit im Sinne des bürgerlichen Rechts entspricht, voraus, wobei ein individueller Sorgfaltsmaßstab anzuwenden ist, der auf die persönlichen Fähigkeiten des Opfers abstellt.Unter Beachtung dieser Vorgaben ist das Verhalten der Klägerin als leichtfertige Selbstgefährdung in diesem Sinne zu werten, so dass eine Entschädigung nach dem OEG unbillig wäre. Das Gericht verweist zunächst auf die umfassende Darstellung und Wertung im erstinstanzlichen Urteil, denen es sich anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen wird. Eine andere Bewertung folgt auch nicht aufgrund des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren. Die Klägerin war nach ihrem eigenen Vorbringen im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Übergriffe bereits seit mehreren Monaten, nämlich seit Mai 2003 wiederholt tätlichen Angriffen durch S. ausgesetzt gewesen. Auch vor Mai 2003 war es bereits zu Übergriffen auf die Klägerin gekommen, nach eigenem Vortrag hatte sie sich bereits Mitte 2002 mit einer Platzwunde in eine Rettungsstelle begeben müssen. Nach den Angaben der Klägerin gegenüber der Polizei in ihrer Vernehmung vom 23. Februar 2004 hatte S. ihr wiederholt damit gedroht, sie umzubringen und an einem unbekannten Ort zu verstecken. Die Klägerin selbst hat nach ihren Aussagen diese Äußerungen "sehr ernst genommen". Angesichts einer derartigen Bedrohung sowohl durch tätliche Übergriffe als auch durch verbale Androhung eines Tötungsdeliktes war es nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin sich noch zu irgendeinem Treffen, aus welchen Gründen auch immer, bereit gefunden hat.Sämtliche von der Klägerin für die Treffen genannten Begründungen überzeugten nicht. Für den Zeitraum vom 09. bis 17. Dezember 2003, in welchem S. nach Angaben der Klägerin täglich gegen sie tätlich geworden war, gab es keinen Grund, diesen nicht sofort mit der Polizei aus ihrer Wohnung entfernen zu lassen. Die Klägerin selbst hat im Berufungsverfahren vorgetragen, dass die Polizei ihr Erscheinen davon abhängig gemacht habe, dass bereits eine Körperverletzung begangen worden sei. Dies war nach eigenem Vortrag der Klägerin jedoch in diesem Zeitpunkt täglich der Fall gewesen. Soweit die Klägerin vorträgt, dass S. sich widerrechtlich einen Schlüssel zu ihrer Wohnung beschafft gehabt habe, führt auch dies zu keiner anderen Bewertung. Zum einen ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin Ersatzschlüssel angesichts der Gesamtumstände weiter im bekannten Schlüsselkasten in der Wohnung hängen ließ und diese nicht versteckte. Zum anderen berichtete die Klägerin, dass der Vater des S. diesen dadurch erfolgreich vor seine Tür gesetzt hatte, dass er das Schloss zu seinem Haus hatte austauschen lassen. Diese Vorgehensweise war der Klägerin also bekannt und hätte von ihr ohne weiteres auch eingeschlagen werden können. Abgesehen davon hat S. nach eigenem Vortrag der Klägerin sich keineswegs lediglich unter Benutzung des Schlüssels selbst Zugang zu ihrer Wohnung verschafft, sondern er ist wiederholt durch die Klägerin in ihre Wohnung gelassen worden. Die von der Klägerin abgegebene Begründung, den S. in ihre Wohnung gelassen zu haben, weil dieser ihr körperlich überlegen gewesen sei, ist nicht nachvollziehbar. Weiter stand der Klägerin neben der Inanspruchnahme der Polizei und des Familiengerichtes der von ihr - wiederholt auch aufgegriffene - Weg zur Verfügung, sich vorübergehend zu ihren Eltern zu begeben und Schutz durch ihren Vater in Anspruch zu nehmen.Auch die von der Klägerin gegebene Begründung für ihr Treffen am 19. Februar 2004 vor A, in dessen Folge es zu weiteren Tätlichkeiten gegen sie gekommen war, ist nicht nachvollziehbar. Nachdem sie erst am Tag zuvor vom S. massiv misshandelt worden war, traf sie sich dennoch mit ihm vor A, weil sie ihr Portmonee zurückerhalten wollte. Der von der Klägerin angegebene Grund für dieses Treffen steht in keiner Relation zu den Vorkommnissen, die sie für vorherige Zeiten berichtet hatte und die nach ihrer eigenen Beschreibung bei vernünftiger Betrachtungsweise auch wieder zu erwarten waren. Die Begründung, sich auf öffentlichen Wegen nicht gefährdet zu sehen, konnte bereits deshalb nicht überzeugen, weil sie sich zuvor immer wieder von S. dazu hatte bringen zu lassen, mit ihm gemeinsam entweder ihre Gartenlaube oder ihre Wohnung aufzusuchen. Spätestens dafür, dass sich die Klägerin zu ihm ins Auto setzte, gab es keine irgendwie begreifliche Rechtfertigung mehr. Nicht dargelegt wurde auch, weshalb das Portmonee unverzichtbar gewesen sein soll.Der von der Klägerin behauptete Vorgang betreffend eine angebliche Aufforderung ihrer Person durch das Sozialamt, den S. wieder bei sich aufzunehmen, ist nicht nachgewiesen und zu bezweifeln. Das Sozialgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass sich ein derartiger Vorgang dem beigezogenen Aktenvorgang nicht entnehmen lässt. Eine derartige Aufforderung ist auch nicht wahrscheinlich. Auch eine Drohung mit der Verpflichtung zur Übernahme von Krankenhauskosten ist kaum vorstellbar. Selbst wenn - was für äußerst unwahrscheinlich gehalten wird - das Sozialamt tatsächlich die Klägerin aufgefordert haben sollte, den S. wieder bei sich aufzunehmen, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Wie dargelegt, ist ein individueller, auf die persönlichen Fähigkeiten des Opfers abstellender Sorgfaltsbegriff zugrunde zu legen. Die Klägerin war als Verwaltungsoberinspektorin mit Fachhochschulabschluss bei einer Behörde tätig. Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass sie jederzeit entweder durch eigene Recherchen oder durch - ggf. anonyme - Inanspruchnahme von Rat innerhalb ihres Arbeitgebers hätte in Erfahrung bringen können, dass derartige Verpflichtungen, deren Rechtswidrigkeit auch ohne Kenntnisse des Sozialhilferechts auf der Hand lag, jedenfalls für die Zukunft nicht bestanden.Abgesehen davon hat die Klägerin im Termin vom 26. Februar 2009 auf Befragen erstmals mitgeteilt, dem Sozialamt von den Tätlichkeiten des S. gegen ihre Person und von der Beendigung der Beziehung nichts mitgeteilt zu haben. Auf diese Idee wäre sie nicht gekommen. Auch dieses Verhalten der Klägerin ist unbegreiflich. Erneut wird deutlich, dass die Klägerin selbst naheliegendste Gestaltungsmöglichkeiten für ihre Person gar nicht in Erwägung zog, um dann jedoch für das Geschehen wieder andere verantwortlich machen zu wollen.Das Gericht hat nach alledem die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen Die Darstellung ist verkürzt und kann eine Rechtsberatung im konkreten Einzelfall nicht ersetzen.