Erwerbsminderungsrente Abschläge auch bei Rentenbeginn vor dem 60. Lebensjahr verfassungsgemäß

BVerfG, Beschl. v. 11.1.2011, 1 BvR 3588/08, 1 BvR 555/09

Der langanhaltende Streit über die Rechtmäßigkeit der Abschläge wurde nun durch das Bundesverfassungsgericht endgültig beendet: Die Abschläge sind verfassungsgemäß: "Die Kürzung des Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl I S. 1827) ist mit dem Grundgesetz vereinbar, auch wenn der Rentenbezug vor der Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt." Dies ist der Leitsatz des oben genannten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts. Hier Auszüge aus der Pressemitteilung, in der die Entscheidungsgründe zusammengefaßt werden: "Die Regelung ist jedoch verfassungsgemäß, weil sie einem Gemeinwohlzweck  dient und verhältnismäßig ist. Die Neuregelung des Zugangsfaktors dient  dem legitimen Ziel, die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung  zu sichern und damit die Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen  Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den  veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Nach Einführung der  Abschläge bei vorzeitigem Bezug einer Altersrente durch das  Rentenreformgesetz im Jahre 1992 ging der Gesetzgeber davon aus, dass  Versicherte anstelle einer gekürzten Altersrente bevorzugt eine  Erwerbsminderungsrente beantragen würden. Mit der Absenkung des  Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten sollte ein solches Ausweichen  auf die Erwerbsminderungsrente verhindert und auf die Inanspruchnahme  der Rente vor Eintritt des Regelalters für die Altersrente und damit auf  eine Verlängerung der Rentenbezugszeit reagiert werden.      Die Kürzung des Zugangsfaktors war geeignet sowie erforderlich, um  dieses angestrebte Ziel zu erreichen, und belastet die Beschwerdeführer  nicht übermäßig. Zwar hatten sie bei Inkrafttreten der Neuregelung noch  nicht das 60. Lebensjahr vollendet und damit eine Voraussetzung für den  Bezug einer vorzeitigen Altersrente nicht erfüllt, so dass bei ihnen  eine Ausweichreaktion von vorneherein ausscheidet. Aber auch den  Versicherten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine  Erwerbsminderungsrente beantragen, ist eine Kürzung des Zugangsfaktors  zumutbar, weil sie von der vom Gesetzgeber gleichzeitig eingeführten  erhöhten Zugangszeit und vom früheren Rentenbezug profitieren. Dadurch  wird die Kürzung der Erwerbsminderungsrente für diese Versichertengruppe  im Ergebnis erheblich gemildert mit der Folge, dass die Bezieher einer  Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit erheblich geringeren  Abschlägen belastet werden als Versicherte, die vorzeitig eine  Altersrente in Anspruch nehmen."